[...] Ohne Kohlen keine Waffen, ohne Waffen keinen Sieg [...]

Weshalb so viele Ausländer?

Diese Frage wird sich sicher so mancher Arbeitskamerad gestellt haben, wenn er sieht, wie im Betrieb die Zahl der Ausländer immer größer wird. Sind es nicht unnütze Esser, die uns durch ihren Nahrungsmittelbedarf stärker belasten als sie uns nützen? Zunächst ist zu bedenken, dass zu Beginn des Krieges Millionen deutscher Männer ihre Arbeitsplätze verlassen haben und zur Front geeilt sind. Die Anforderungen an die Leistungskraft der Betriebe ist im Kriege jedoch nicht geringer, sondern durch den erheblichen Wehrmachtsbedarf noch größer geworden. Es galt, für die fehlenden Arbeitskameraden möglichst schnell Ersatz zu schaffen. Verstärkter Fraueneinsatz, längere Arbeitszeiten, Verbesserungen in der technischen Betriebsgestaltung, Ausbau des betrieblichen Vorschlagswesens, Beschäftigung von Dienstverpflichteten usw. sind Maßnahmen, die wir alle kennen. Sie brachten zwar Erleichterungen, reichten aber nicht aus, um unsere Produktion so zu steigern, wie es der Führer verlangte. So mussten wir auf ausländische Arbeitskräfte zurückgreifen. Mit Italien, Ungarn, Rumänien, Kroatien, der Slowakei, Dänemark hat das Reich besondere Verträge abgeschlossen, in denen festgelegt ist, wie viel Arbeitskräfte uns aus diesen Ländern zur Verfügung stehen. Auch die wichtigsten arbeitsrechtlichen Bestimmungen sind vertraglich festgelegt. Darüber hinaus konnten in einem immer stärkeren Ausmaß auch Arbeitskräfte aus dem ehemals feindlichen Ausland herangezogen werden. So finden wir heute in unseren Betrieben Flamen, Wallonen, Holländer, Franzosen und Ostarbeiter. Die Ostarbeiter sind durch ein kleines blaues Schild besonders gekennzeichnet. Sie sind Angehörige von Völkern, die durch die deutsche Wehrmacht von dem sowjetischen Joch befreit werden konnten. Unter ihnen finden wir Ukrainer, Weißruthenen, Tataren und andere. Auch Volksdeutsche sind nicht selten. Sie nehmen aber als Dolmetscher und Vertrauensleute eine Sondeerstellung ein.

Die andere Überlegung geht von der Tatsache aus, dass ein deutscher Sieg nicht allein uns, sondern allen europäischen Völkern zugute kommt. Es ist deshalb nicht mehr als gerecht, wenn wir von den späteren Nutznießern unseres Sieges heute schon verlangen, dass sie uns helfen, die Lasten des Krieges zu tragen. Wenn sie schon nicht mit der Waffe in der Hand kämpfen können, dann sollen sie wenigstens für die Front arbeiten, und zwar möglichst unter unserer Aufsicht.

Die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte hat der Reichsmarschall in seiner letzten Rede mit 6 Millionen angegeben. Wie gewaltig groß die Zahl ist, erkennen wir am besten daran, wenn wir uns an die Zeit der allgemeinen Erwerbslosigkeit 1932/33 erinnern. Die Statistik beziffert die Erwerbslosigkeit, von der fast jede deutsche Familie betroffen war, ebenfalls auf rund 6 Millionen. Solch ungeheure Menschenmengen in einem dicht besiedelten Industriegebiet unterzubringen, war nicht leicht. Als die geeignetste Form stellte sich das Lager heraus und hier wiederum im Vergleich zu Notlösungen in leerstehenden Gebäuden, Wirtshaussälen usw. die Holzbaracke. So haben wir im Gau Westfalen-Süd Barackenlager, die bis zu 5000 Insassen beherbergen. Solche großen Lager zu leiten, verlangt eine reiche wirtschaftliche und organisatorische Erfahrung. Die DAF. (Deutsche Arbeitsfront) hat die Lagerbetreuung übernommen und sorgt durch eine entsprechende Ausrichtung der Lagerführer für eine einheitliche Behandlung aller auftretenden Fragen. Alle Betreuungsmaßnahmen der DAF. sind auf den Menschen gerichtet und verfolgen das Ziel, die Arbeitsleistung der Ausländer zu erhalten und zu steigern. Von dieser politischen Aufgabe ist die wirtschaftliche Lagerverwaltung zu trennen. Sie gehört zum Aufgabengebiet des Betriebes.

Ein großes Lager ist eine Barackenstadt für sich. An der Spitze steht der Lagerführer, der in seiner Machtbefugnis am besten mit einem Stadtkommandanten verglichen werden kann. Ein Mitarbeiterstab hilft ihm bei seinen vielseitigen Aufgaben, die die verschiedenartigen Bedürfnisse der Lagerinsassen mit sich bringen. Unterstützt wird die Arbeit der Lagerführung durch Dolmetscher und Barackenkälteste, die innerhalb ihrer Wohngemeinschaft dafür sorgen, dass erlassene Befehle und Anordnungen befolgt werden. Alles, was mit eigenen Kräften im Lager geschaffen werden kann, wird auch selbst hergestellt. Schneiderei, Schuhmacherei, Friseurstube sind zum Beispiel überall ständige Einrichtungen geworden. Eine wichtige Stellung nimmt der Lagekoch ein. Er muß nicht nur den unterschiedlichen Geschmack der einzelnen Nationalitäten berücksichtigen, sondern auch im Rahmen der zugeteilten Lebensmittel – die Rationen sind nach den deutschen Verbrauchersätzen errechnet – eine auskömmliche Kost zubereiten. Dabei darf er zum Beispiel in gemüsearmen Wochen durch seinen Großeinkauf nicht die Versorgung der deutschen Bevölkerung erschweren oder gar gefährden, er muß vielmehr seine Küchenführung rechtzeitig auf die Lebensmittel umstellen, die gerade reichlich oder im Überfluß angeboten werden.

So verschiedenartig ein Lager auch eingerichtet sein mag, drei Forderungen werden überall mit eiserner Härte durchgesetzt: Ordnung, Sauberkeit und Disziplin. Sie bestimmen den Geist des Lagers und gewöhnen so den Ausländer an Eigenschaften, die zwar uns selbstverständlich, ihm aber oftmals fremd sind. Die Lagererziehung wird damit gleichzeitig eine Erziehung zur Arbeitsleistung.

Warum also so viele Ausländer? Um der kämpfenden Front durch verstärkte Arbeitsleistungen in der Rüstungsindustrie zu helfen, Millionen der ausländischen Arbeitskräfte zu deutscher Ordnung, Sauberkeit und Arbeitsdisziplin zu erziehen, ihnen Gelegenheit zu geben, Deutschland kennenzulernen, damit sie später in der Heimat Wegbereiter für ein geeintes Europa unter deutscher Führung sein können.

Bergbau-Archiv Bochum