Am 6. August 1956 kam es in der Zeche Le Bois du Cazier im belgischen Marcinelle bei Charleroi zu einem furchtbaren Grubenunglück. In 975 m Tiefe verhakte sich beim Aufschieben der Kohleloren auf den Förderkorb ein Wagen. Der Förderkorb fuhr los, ohne dass der Wagen richtig aufgeschoben war und der überhängende Wagen riss einen Pfeiler des Schachtausbaus heraus. Dieser wiederum trennte Telefonkabel, zwei Starkstromkabel, eine Ölleitung sowie mehrere Druckluftschläuche und setzte damit eine verheerende Kettenreaktion in Gang. Die kaputten Starkstromkabel entzündeten ca. 800 l austretendes Öl und die Holzelemente des Förderschachts. Durch den Zug der Frischluftzufuhr und die austretende Druckluft wurde das Feuer mit dem Wetterstrom angetrieben und breitete sich innerhalb kürzester Zeit in der ganzen Grube aus.
„Nie zuvor hatte der Bergbau so viele Opfer im Tausch für die aus seinem Bauch abgebaute Kohle gefordert wie am 8. August 1956 im Bois du Cazier. [...] Infolge eines menschlichen Versagens breitete sich ein Feuer rasch auf das gesamte Bergwerk aus. Insgesamt verloren 262 Männer mit 12 verschiedenen Nationalitäten (darunter 136 Italiener und 95 Belgier) ihr Leben; sie hinterließen Hunderte von Witwen und Waisen.“ Fast zwei Wochen lang hatten die Kumpel noch nach Überlebenden gesucht, „Und zwar bis zu diesem schicksalhaften 23. August, an dem aus dem Mund eines Bergarbeiters das entsetzliche Urteil verkündet wurde: «Tutti cadaveri».- alle tot.“
Webseite des Industriemuseums Le Bois du Cazier in Marcinelle: http://www.leboisducazier.be/lg_de/esp_8aout/esp_8aout.htm
Auch fünf Deutsche Bergleute waren unter den Toten. Die
hohe Zahl der italienischen Opfer wurde in Italien mit Entsetzen aufgenommen.
Die italienische Öffentlichkeit war besorgt um die Arbeitsbedingungen
ihrer Landsleute im Ausland.
Wie bereits in den 1920er und 1930er Jahren wanderten auch nach dem Zweiten
Weltkrieg eine Vielzahl von Italienern auf der Suche nach besser bezahlter
Arbeit in die Steinkohle-reviere Belgiens und Nordfrankreichs. Die italienische
Regierung hatte bereits 1948 An-werbeabkommen mit diesen beiden Staaten
abgeschlossen.