[...] Goldene Regeln für den Umgang mit Gastarbeitern [...]

Der Südländer will als Persönlichkeit behandelt werden. Er ist von Natur liebenswürdig und schätzt eine liebenswürdige Umgangsart. Eine kleine Gefälligkeit, zum Beispiel eine angebotene Zigarette, gewinnt sein Herz im Nu.

Der Südländer leidet oft unter Heimweh; er sucht Freundlichkeit und aufrichtigen Kontakt mit der Umgebung. Seine Isolierung kann ihn dazu verführen, sich mit asozialen Elementen einzulassen; man sollte ihm deshalb Kontakt mit Familien ermöglichen.

Der südländische Fremdarbeiter denkt an seine Familie, er ist arbeitsam und spart; man soll keinen Wucher mit ihm treiben, wenn er Unterkunft sucht.

Der Südländer - der Italiener, der Spanier, der Grieche — weiß sich als Erbe einer großen Kultur und ist stolz darauf. Diesen Stolz sollte man achten und keinen der Gastarbeiter mit einem Spott- oder Schmähnamen, also etwa den Italiener “Makkaroni“ nennen.

Die Arbeitsfreudigkeit fehlt dem Südländer nicht; aber er braucht mehr als der Deutsche eine freundliche Anerkennung für seine Leistung.

Manche Südländer haben noch keinen rechten Sinn für Sauberkeit und Ordnung. Man sollte sie durch gute Unterkünfte zu diesen Tugenden ermuntern.

Der Mangel an Verständigung und. Verständnis verleitet den südländischen Arbeiter leicht zu kleinen Notlügen, mit denen er gewissen Schwierigkeiten aus dem Wege geht.

Die Ausländer sollen nicht bevorzugt werden, aber mit Rücksicht auf ihre Hilflosigkeit ist eine Sonderbehandlung manchmal unbedingt erforderlich.

Bei Unruhen und vielleicht unbegründeten Klagen ist eine harte und konsequente, jedoch gerechte Klarheit der einzige Ausweg.

Auch der Südländer hat den Wunsch, beruflich höher zu steigen. Man sollte ihm daher Gelegenheit geben, auch qualifizierte Arbeiten zu verrichten.

Im öffentlichen Leben nimmt der Südländer Gebote und Verbote nicht so “tierisch ernst“; bei aller Strenge sollte man auch etwas Verständnis für seine Mentalität walten lassen.

Die Betriebe und öffentlichen Einrichtungen sollten den Fremdarbeitern Gelegenheit zum Besuch deutscher Sprachkurse bieten; bessere Sprachkenntnisse der Ausländer kämen der Verständigung und dem Verständnis sehr zugute..

Der Südländer hat angeblich Erfolg bei den Frauen; wenn er einer Frau Komplimente machte, meint er es jedoch selten ernst. Der Südländer ist von seiner Heimat her Zurückhaltung bei den Frauen gewohnt; kommt ihm im Gastland eine Frau offener entgegen, meint er, sie habe kein Ehrgefühl, und er dürfe sich etwas herausnehmen. Auch auf diese Vorstellung vom angemessenen Verhalten der Frau ist Rücksicht zu nehmen.

Der Südländer ist gewöhnlich religiös von Natur. Man sollte seine Religiosität und auch die andere Art. seines religiösen Ausdrucks achten. Das Gastland und die Unternehmer sollten alles tun, damit die Ausländer Gottesdienste in ihrer Muttersprache erhalten und von Geistlichen aus der Heimat umsorgt werden.

Die Arbeitgeber können für ihre ausländischen Arbeiter Zeitungen. aus ihrer Heimat abonnieren. Die Sendeanstalten sind dazu übergegangen, für die —ausländischen Arbeiter eigenen Sendungen zu. bringen; auf diese seien die Firmen besonders verwiesen.

Ergebnisse einer Tagung der Akademie der Diözese Rottenburg über das Thema: “Die ausländischen Arbeitnehmer in der Bundesrepublik“
Archiv des deutschen Caritas Verbandes e.V. (ADCV), Signatur380.21.065 Fasz.1