[...] Die Arbeitsstätten befinden sich untertage, und zwar etwa 500 – 1000 m unter der Erdoberfläche [...]

Die Anwerbung der italienischen Arbeitskräfte erfolgt für den Untertagebetrieb der Steinkohlenbergwerke des rheinisch-westfälischen Industriebezirks. Die Arbeitsstätten befinden sich untertage, und zwar etwa 500 – 1000 m unter der Erdoberfläche (s. beiliegenden Auszug aus dem „Duden italiano“). Die Beschäftigung erfolgt als Schlepper, d.h. also mit Hilfsarbeiten, wie Schleppen und Laden. Diejenigen italienischen Arbeiter, welche bereits 5 Jahre in Steinbruchbetrieben gearbeitet haben, können bei Bewährung schon nach 1 Monat als Gedingeschlepper beschäftigt werden. Bei Arbeitskräften aus anderen Berufsgruppen ist allein ihre Eignung dafür maßgebend, ob und gegebenenfalls nach welcher Zeit sie als Gedingeschlepper beschäftigt werden können. Im allgemeinen wird dieses nicht vor Ablauf eines halben Jahres der Fall sein. [...] Für die Arbeitsbedingungen sind maßgebend die Tarifordnung für das rheinischwestfälische Steinkohlenrevier nebst der 1.4.1939 geltenden Lohnordnung, sowie ergänzende Anordnungen hierzu.

1.) Regelung der Arbeits- und Schichtzeit.
Seit dem 1. April 1939 dauert die Schichtzeit untertage für jeden einzelnen Mann 8 Stunden 45 Minuten.

 

2.) Bezahlung.
Schichtlöhner untertage (Schlepper). Der Lohn des Schleppers im Schichtlohn beträgt für 21-Jährige und ältere RM 6,03 je Schicht. Der vorstehend genannte Lohn darf auf den südlichen Randzechen des Bezirks um 6-9 % unterschritten werden.

 

3.) Soziallohn.
Für Unter- und Übertagearbeiter kommen zu den Löhnen folgende Sozialzulagen:
a) Verheiratete erhalten:
Ein Kindergeld von 16 Pfg. je Schicht und Kind, ein Hausstandsgeld von 10 Pfg. je Schicht,
b) Unverheiratete erhalten, sofern sie Haupternährer ihrer Familien sind, sinngemäß Hausstands- und Kindergeld in gleicher Höhe. [...]
Die Voraussetzungen für die Gewährung des Soziallohnes müssen im Einzelfall durch Vorlage einwandfreier Unterlagen innerhalb 4 Wochen nach Arbeitsaufnahme nachgewiesen werden. Bei Unverheirateten ist dieser Nachweis durch Vorlage einer Bescheinigung der italienischen Gemeindebehörde zu führen.

 

4.) Trennungsgeld.
Verheiratete erhalten ein Trennungsgeld einschließlich Übernachtungsgeld in Höhe von RM 1,50 je Kalendertag. Ledige erhalten, auch soweit sie Haupternährer sein sollten, kein Trennungsgeld.

 

5.) Unterkunft und Verpflegung.
Die Unterbringung erfolgt in Lagern und ähnlichen Unterkünften der Zechen, und zwar je nach den Verhältnissen zu 4 bis 18 Mann auf einer Stube. Die Räume sind selbstverständlich heizbar. Jedes Lager bezw. sonstige Unterkunft hat einen Gemeinschaftsraum, in dem u.a. die Mahlzeiten eingenommen werden. Volle Verpflegung wird durch die Zeche zur Verfügung gestellt. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung betragen je Tag und Person RM 1,80. Die Verpflegung, die zum Teil auch aus von Italien bezogenen Lebensmitteln besteht, wird von einem italienischen Koch zubereitet.

 

6.) Familienheimfahrten.
Verheiratete haben jeweils nach einer halbjährigen ununterbrochenen Beschäftigung im Deutschen Reich Anspruch auf eine Heimfahrt, Ledige jeweils nach einjähriger ununterbrochener Beschäftigung. Die Fahrtkosten bis zur Grenze bezw. von der Grenze zurück zur Arbeitsstelle werden von der Zeche getragen. Anspruch auf bezahlten Tarifurlaub haben die Arbeiter erst nach einjähriger ununterbrochener Beschäftigung, und zwar erhalten sie 6 Arbeitstage als Tarifurlaub bezahlt.

 

7.) Arbeitskleidung.
Der italienische Arbeiter hat aus Italien außer seiner Zivilkleidung nebst Mantel eine Arbeitsausrüstung mitzubringen. Diese besteht aus:
1. einem Anzug

2.einem Hemd

3.ein Paar Arbeitsschuhen.

 

8.) Dolmetscher.
In jedem Lager ist ein italienischer Dolmetscher tätig.

 

9.) Betreuung der italienischen Arbeiter.
Die Betreuung der im Ruhrbergbau untergebrachten italienischen Arbeiter erfolgt gemeinsam mit der Deutschen Arbeitsfront durch einen Beauftragten der Confederazione, der seinen ständigen Wohnsitz im Ruhrgebiet hat und zusammen mit seinen Mitarbeitern regelmäßig die Lager besucht.

 

10.) Geldüberweisungen nach Italien.
Jeder italienische Arbeiter kann Lohnersparnisse ohne besondere Genehmigung durch seinen Betriebsführer nach Italien überweisen lassen, und zwar durchschnittlich je Monat bis zu RM 100,-- (s. Merkblatt der Deutschen Bank).

 

11.) Rückkehr nach Italien vor Ablauf der Vertragszeit.
Jeder italienische Arbeiter, der bei Todesfall oder schwerer Erkrankung in der engeren Familie vor Ablauf seiner Vertragszeit nach Italien zurückkehren will, hat eine Bescheinigung der italienischen Gemeindebehörde oder der Confederazione vorzulegen, in der die Angaben bestätigt werden.


Bergbau-Archiv Bochum 13/3029