Gastarbeiter

Der Begriff „Gastarbeiter“ als Name für die angeworbenen ausländischen Arbeiter setzte sich in den 1960er Jahren in Deutschland durch. Er löste damit den Ausdruck „Fremdarbeiter“ ab, der in den 1950er/60er Jahren in der Öffentlichkeit noch weit verbreitet, aber durch das NS-Regime eindeutig negativ besetzt war. Während des Zweiten Weltkriegs wurden ausnahmslos alle ausländischen Arbeiter in Deutschland als Fremdarbeiter bezeichnet. Es gab keinen Unterschied zwischen freiwillig angeworbenen Zivilarbeitern oder Zwangsarbeitern. Alle waren nicht deutsch und damit fremd. Eine Ausnahme bildeten die Arbeiter verbündeter Staaten wie Italien. Sie waren „Arbeitergäste“ oder „Gastarbeitnehmer“ und damit als Verbündete willkommen.
Die Erinnerung an die Behandlung der ausländischen Arbeiter in Deutschland sollte in den 1960er Jahren abgelöst werden durch das Bild eines offeneren Deutschlands, das die angeworbenen Arbeiter wie willkommene Gäste empfängt.
Gleichzeitig verdeutlichte der Ausdruck „Gastarbeiter“ aber auch, dass man in der Bundesrepublik von einer vorübergehenden Phase der Ausländerbeschäftigung ausging. Italiener, Griechen, Spanier, Türken sollten nur für kurze Zeit in Deutschland arbeiten und dann in ihre Heimat zurückkehren. Spätestens mit dem Nachzug der Familien nach Deutschland wurde jedoch deutlich, dass es sich nicht um ein kurzzeitiges Phänomen handelte.
In der Öffentlichkeit wurde darum seit Ende der 1960er Jahre verstärkt diskutiert, ob „Gastarbeiter“ überhaupt die richtige Bezeichnung für die angeworbenen Arbeitskräfte sei oder ob dieser Begriff nicht vielmehr einer Integration dieser Menschen im Wege stehe.
Allerdings fiel die korrekte Wortwahl nicht leicht, wie ein 1972 vom WDR veranstalteter Wettbewerb zeigt,

„bei dem eine neue Bezeichnung für Gastarbeiter gesucht wurde. Trotz des großen Erfolgs der Initiative (es gab 32000 Einsendungen), wurde[...] keine überzeugende Alternative gefunden. Nichtsdestoweniger erfreuen sich die Begriffe, die mit einem Preis ausgezeichnet wurden, immer noch großer Beliebtheit. Den ersten Preis bekam ausländische Arbeitnehmer, während ausländische Mitbürger und europäische Mitbürger den Platz zwei und drei belegten. Erwähnenswert sind auch andere Vorschläge wie Arbeiter der Brüderlichkeit, ausländische Helden, Besuchstätige, Boomer, Bundesrepublikvergrößerer, Dankarbeiter, Deutschenhelfer, Ergänzler, Eurobrüder, Förderanten, Hilfsdeutsche, Industrieeuropäer, Integranten, Konjunkturisten, Leiharbeiter, Lohndeutsche, Mitdeutsche, Perle vom Süden, Währungshelfer, willkommene Arbeitskräfte für schlechtbezahlte Arbeit und Wirtschaftszuwachskollegen [...]“

Mazza, Elisabetta. (1998). Ein Ausländer ist ein Ausländer ist ein Ausländer oder Die sprachlichen (Fehl-)Schritte in Richtung Interkulturalität: deutsche Bezeichnungen für Nicht-Inländer, in: Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht [Online], 2(3), 11 pp.
Available: http://www.spz.tu-darmstadt.de/
jg-02-3/beitrag/mazzza.htm

Die Diskussion um solche Begrifflichkeiten zeigt deutlich, wie schwer man sich in Deutschland bis heute tut, die Einwanderung nach Deutschland zu erfassen und sowohl in der öffentlichen Meinung als auch im politischen Handeln darauf zu reagieren.

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