Italienische Frauen kamen nur selten alleine auf der Suche
nach Arbeit nach Deutschland. Meistens zogen sie als verheiratete Frauen
im Rahmen des Familiennachzugs ihren Ehemännern hinterher. Das hatte
verschiedene Gründe.
Ein Grund lag sicherlich in der traditionellen, katholisch geprägten
Mentalität in vielen Regionen Italien. Die tiefe Verehrung der Madonna
vor allem in Süditalien bewirkte ein symbolisch überhöhtes
Frauenbild, das den Frauen allein die Rolle der Ehefrau und Mutter zuwies.
Bei solchen moralischen Vorstellungen schien es kaum denkbar, dass eine
Frau alleine, ohne den Schutz und die Kontrolle der Familie arbeitete.
Die landwirtschaftlich geprägte Wirtschaftsstruktur Süditaliens
war ein anderer Grund dafür, dass viele Frauen zu Hause blieben, während
Ehemänner, Brüder oder Väter zur Arbeit ins Ausland gingen.
Die Frauen bewirtschafteten das Land, das der Familie immer noch eine Zukunft
bieten sollte.
Die deutschen Vermittlungsstellen beklagten immer wieder, dass es kaum möglich
sei, junge italienische Frauen für die Arbeit in Deutschland anzuwerben.
Sie wurden vor allem in der Bekleidungs-, der Nahrungs- und Genussmittelindustrie
und der Elektroindustrie gebraucht, in denen traditionell fast nur Frauen
beschäftigt waren. Diese Betriebe warben die fehlenden weiblichen Arbeitskräfte
seit Anfang der 1960er Jahre dann vor allem in Griechenland, Spanien, der
Türkei und Jugoslawien an.
Vgl. dazu ausführlich: Yvonne Rieker: „Ein Stück Heimat findet man ja immer“. Die italienische Einwanderung in die Bundesrepublik, Essen 2003, Seiten 102-104.